RES 1/2024

Religion und das Problem des Bösen

RES 1/2024

Die Existenz des moralischen und physischen Übels ist eine der schwierigsten theologischen Fragen. Vor allem für die abrahamitischen Religionen war es schon immer eine große Herausforderung, eine Erklärung für den Ursprung des Bösen zu finden. Wie lässt sich das Vorhandensein von Leid in der Welt vernünftig erklären, wenn Gott allmächtig und allwissend ist? Oder anders gefragt: Sind die Existenz des Bösen und die Existenz Gottes logisch unvereinbar? Ist das Problem des Bösen unlösbar? Eine Antwort auf diese Frage ist nicht leicht zu finden. Aufgrund der Spannung zwischen der Existenz des Bösen und der göttlichen Allmacht und allumfassenden Güte wurden die verschiedensten Versuche unternommen, sowohl den Monotheismus als auch die Attribute Gottes vor Formen des Dualismus (wie z.B. bei Gnostikern, Paulikianern, Katharern) und vor der Idee einer Reduktion der Eigenschaften Gottes zu bewahren. Obwohl für die frühen christlichen Theologen die Reaktion auf das Problem des Bösen nicht als Antwort auf den Atheismus gedacht war, sondern eher als Antwort auf die Frage, wie man das Böse mit Gott in Einklang bringen kann, wird das „Argument des Bösen“ ab dem Mittelalter zu einem Thema in den atheistischen Debatten. Neben der scheinbaren Unvereinbarkeit des Theismus mit der Realität des Bösen geht es auch um eine anthropologische Frage, nämlich darum, wie der Mensch mit dem Leiden in der Welt umgeht, wie er das Böse darstellt oder wie er seine eigene Bosheit versteht.
Die vorliegende Ausgabe von RES soll unterschiedliche und interdisziplinäre Ansätze zum Problem des Bösen zusammenführen. Wir laden Autorinnen und Autoren ein, über die Hauptlinien der theologischen Diskussion hinauszugehen und zu untersuchen, wie sich nicht-theologische Disziplinen (z. B. Philosophie, Kunstgeschichte, Religionspsychologie, Religionssoziologie usw.) diesem schwierigen Thema nähern. Unter anderem kann an folgende Themen gedacht werden: zeitgenössische theistische Antworten auf das Problem des Bösen; die Frage des Leidens unter gleichzeitiger Annahme göttlicher Attribute; atheologische Antworten auf das Problem des Bösen; das „Argument des Bösen“ und seine Beziehung zum Nichttheis- mus; Metaphysik des Bösen; künstlerische Darstellungen und Antworten auf das Böse; psychologische Ansätze zu Leiden und Glauben; psychologische Untersuchungen zur Boshaftigkeit menschlichen Verhaltens im religiösen Kontext; soziologische Konzepte des Bösen; historische Entwick- lungslinien wie z. B. im Übergang von der traditionellen Frage „Warum lässt Gott das Böse zu?“ zur heutigen Frage „Gibt es Gott wirklich, wenn es das Böse gibt?“ und damit eine Neubewertung der theologischen Diskurse durch das Auftreten des Bösen; Rechtfertigung Gottes in verschiedenen religiösen Traditionen; Relativierung des Bösen; Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den drei abrahamitischen Religionen in Bezug auf die Frage des Bösen; patristische und scholastische Antworten auf die Existenz des Bösen im Vergleich zu zeitgenössischen Diskussionen.
Gastherausgeber: Florin George Calian

Einsendeschluss: 15. Dezember 2023
Email: res.sibiu@gmail.com
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